Thomas Andreas Beck | Traun | 2015 | Foto: Lipkovich

Danke Gery Keszler.

Was war das bloß für eine Nacht!? Life Ball – mitten drin zwischen Goldglitzer, Eitelkeit und erotischem Partyrausch: Gery Keszler. Plötzlich stand er da, allein auf der Bühne. Augen verschwollen vom Weinen. Zittrig. Tief traurig. Und auch wütend.

Eigentlich war’s ja eine schlechte Rede – zu Beginn unklar und wenig am Punkt. Ich hatte den Eindruck, er suchte nach der Eingangstür – hinein in den Kern. Mitten rein ins Wesentliche. Und es war eine großartige Rede, eine, die sich im Herz einbrennt. Nachhaltig. Ein Mann, der so Großes bewegt, einer voller Selbstbewusstsein und Anerkennung – er zeigt sich. In seiner ganzen Verletzung, Angst, Wut und in seinem tiefsten Schmerz. Es bricht aus ihm heraus: „Ja oder Nein?“ – Ist es richtig, für etwas „auf Teufel komm raus“ zu feiern, obwohl kein Wunsch größer ist als der, den Grund endlich erledigt zu haben. Ist es richtig, den Umweg über die Täuschung, die Eitelkeit des Publikums zu gehen? Mit all den Tricks der Markenkunst und Wirtschaft ein weltweit wahrgenommenes Event hinzustellen, Millionen einzuspielen, statt um Spenden und Almosen zu betteln. Die Heilung von AIDS und HIV, eine in weiten Schichten der Gesellschaft noch immer als „Selber Schuld kein Mitleid“ gebrandmarkte Krankheit, zu bewirken. Gery Keszler hat es gesagt. Allen gesagt: „Ich bin infiziert. Ich war einer der Ersten in diesem Land. Die Ärzte wussten nicht was ich habe.“ Vor laufenden Kameras. Weltweit.

Vielleicht hat er all das aufgebaut, diese Bühne für sich selbst gebaut – um es gut genug beschützt aus sich heraus zu bekommen. Er selbst wundert sich dankbar, warum es ihm so gut geht, mit dieser Krankheit. Ob er dieses Leben für sich nehmen darf, wo doch rund um ihn Freund für Freund stirbt.

Die größte Kraft entsteht aus seinem JA zur eigenen, tiefsten Verletzung. Dort, wo er so sehr verletzt ist, dass er nur überleben konnte, weil er genau dort so großartig besonders und fähig geworden ist. Sein eigenes, vom frühen Tod bedrohte, Leben dann auch noch in den Dienst der anderen zu stellen, sich auf gesellschaftlicher Ebene zu engagieren – das ist wahre Größe. Das ist Berufung. Danke Gery Keszler. Genau solche starke, emotionale Männer tun uns gut. Wir brauchen dich. Für eine gute Zukunft – in einer Gesellschaft die an Feigheit, Starre und Empathielosigkeit lebensgefährlich erkrankt ist.