Das Rezept: Glück gegen die Krise.

Der folgende Text ist aus einem Gespräch mit Professor Ernst Gehmacher entstanden:

Pro. Ernst Gehmacher & Thomas Andreas Beck

Prof. Ernst Gehmacher & Thomas Andreas Beck

 

Die Krise ist da, kein Zweifel. »Irgendetwas entsteht von unten her, eine neue geistige Bewegung.« sagt Ernst. Die Ängste und Probleme wurden mehr, die Lösungen sind für uns alle schwer greifbar, weit weg, kaum vorstellbar. Die Erkenntnis, dass es so nicht weiter gehen kann, verbreitet sich wie ein Lauffeuer.

Das Vertrauen, dass »die da oben« uns gut führen, ist quer durch alle Gesellschaftsschichten verloren gegangen. Das betrifft den Führungsstil in Unternehmen ebenso wie die Politik. Bezeichnend, dass eine grosse Mehrheit in der Flüchtlingsfrage den NGO’s wie Caritas, Amnesty International, Rotes Kreuz und Diakonie weit mehr Lösungskompetenz zutrauen als dem – eigentlich dafür über unsere Steuern bezahlten und verantwortlichen – Ministerium. Oder »es überhaupt gleich zivilgesellschaftlich selbst in die Hand nehmen« – die Hilfe direkt organisieren ebenso wie sich »direkt gegen die Flüchtlinge stellen«.

Von den Wurzeln her tut sich viel, teils unbemerkt haben sich Gruppen aller Lager gebildet – dafür und dagegen – Facebookgruppen, Tauschgruppen, Social Entrepreneurs die ihre Sozialunternehmen gründen, NGO’s geniessen starken Zulauf. Sogar die klassische Wirtschaft reagiert auf die Veränderungen mit BIO und Nachhaltigkeit, mit »reparieren statt wegwerfen« – Yogastudios, Meditationskreise, spirituelle Weiterbildung, Familienaufstellungen und »entdecke deine Berufung« Seminare boomen. Das alles im paradoxen Spannungsfeld mit explodierenden Kirchen- und Gewerkschaftsaustritten. Selbstorganisation löst Patriarchat ab. Wir sind weit aus mündiger und – Dank perfekter mobiler Kommunikationstechnologie – weit aus selbstorganisierter als sich das die noch immer sehr patriarchal tickenden PolitikerInnen und VerwalterInnen vorstellen können. Natürlich gilt das für alle Richtungen: Die Brandstifter, »Öl in’s Feuer Giesser«  und Hetzer organisieren sich ebenso schneidig effizient direkt wie die Opposition, die freiwilligen Helfer, Mutmacher und FriedensaktivistInnen. Ich sehe einen #EuropäischenHerbst auf uns zu kommen, der im Unterschied zum #ArabischenFrühling eventuell nur deshalb nicht Wirklichkeit wird, weil wir zu fett, egoistisch und träge dazu sind. Aber nicht, weil er nicht notwendig wäre.

Soweit so gut.
An einem Merkmal lassen sich – vereinfach – zwei Lager unterscheiden:

Die Glücklichen.
Wer sein Glück in sich Selbst gefunden hat, ist frei von Abhängigkeiten und Süchten. Der Weg in’s Glück führt über das »Beherrschen lernen der Angst«. Frei zu sein und selbst mächtig, in beängstigenden Situationen für sich und seine Familie zu entscheiden. Erwachsen zu agieren. Dann haben Verführer keine Chance mehr, dann können sie dich nicht über deine Ängste beherrschen. Wer gelernt hat, in sich selber richtig glücklich zu sein – dabei kommt der Musik eine enorme Bedeutung zu – der hat die Selbst- und somit die Fremdenliebe für sich erschlossen. Unweigerlich. Weil er erkennt, wie sehr glücklich die lebendige, wertschätzende Gemeinschaft ihn macht. Dieser Kern verbindet alle Weltreligionen, als Schlüssel zum Weltfrieden.

Die Unglücklichen.
Sie leiden in einer sich selbst negativ nähernden Endlosschleife. Sie drehen sich im Kreis zwischen Angst vor der Zukunft, die Lösung sich selbst nicht zuzutrauen, das »Nach aussen Starren« und auf den »Erlöser« warten, sich kurz freuen (wählen), wenn er da ist – und dann schmerzlich erkennen, »dass ich schon wieder abhängig bin und benutzt werde«, dass »Der Einzige, der meine Sprache spricht« somit mein einziger Dealer und meine Droge zugleich ist. Dass ich süchtig bin, unfrei. Nicht selbstbestimmt – sondern gesagt und entschieden bekomme was für mich gut zu sein hat. Aufrecht erhalten werden kann dieses Angst- und Abhängigkeitsmodell nur durch unaufhörliche Zufuhr von Feinden aus dem Aussen. Was den Führer-Süchtigen abgesehen von pervertierten, kurzfristigen Glücksgefühlen wie Hordengrölerlebnis, Schadenfreude, Todesverachtung, Sadismus und Rache (worauf reimt sich dieses Wort noch mal… ??)  mit Sicherheit bleibt, ist das tiefe, persönliche Unglücksgefühl. Das in Wirklichkeit eine sich selbst lebensverachtende Lebenssituation ist. »Scheiss Leben. Scheiss Hacke. Scheiss Chef. Scheiss Tschuschen. Scheiss Asylanten. Scheiss Regierung. Scheiss Steuer. Scheiss Ausländer. Scheiss auf dein Leben.« – Der Teufelskreislauf: Angst, Täuschung, Enttäuschung, Traurigkeit, Selbsthass, Fremdenhass.

Und nun?
Um auf den Weg zum Glück zu kommen, brauche ich eine zentrale Erkenntnis: Nämlich die, dass ich getäuscht und benutzt werde, dass ich die Macht über mein Glück und Unglück anderen überlassen habe – und so nie und nimmer »meines Glückes Schmied« sein kann. Dass es würdelos ist, nicht selbst Zugang und Hoheit über mein Glück zu haben. Dass ein fremder Narzisst sich auf meine Kosten an die Macht hievt, um dort sein süchtiges, ängstliches Ego zu sonnen. Wenn ich das erkenne, ist die Tür offen, hilfreich dabei ist eine fette, persönliche Krise: Krebsdiagnose, Autounfall, Verlust von Freunden. Ab und zu – und daran müssen wir dringend gemeinsam kulturell arbeiten – kann es auch die gemeinsam erlebte Vorfreude auf eine starke, begeisternde Vision sein.

Dann kann’s los gehen. Nicht allein, sondern in Freundschaften. Gemeinsam Begeisterung entdecken. Nicht alle der selben Meinung, jedoch verbunden durch ein »JA zum Glücklich sein«. Beenden, was mich traurig und krank macht, beibehalten und verstärken was mir gut tut und spielerisch Neues entdecken. Was ich dazu brauche: Mut, um meine Ängste zu beherrschen. Dann beherrsche ich selbst meine Ängste, nicht jemand Anderer.

Begeisterung & Freundschaft führt zu Glück.